Die Kirche als Windmüller?

Die Kirche als Windmüller?

Im Rahmen meiner anwaltlichen Beratungstätigkeit für Kirchengemeinden werde ich immer wieder beauftragt, Verträge zur Errichtung von Windkraftanlagen auf Kirchenland mit den Investoren zu verhandeln.

In diesem Zusammenhang erkundigte sich ein Gemeindekirchenrat, ob und inwieweit anstelle der klassischen Gestattungsverträge alternative Verträge in Betracht kommen, welche für die Kirchengemeinde eine höhere Rendite abwerfen. Dabei war zu prüfen, ob die Kirchengemeinde selbst eine Windkraftanlage erwerben kann oder bei einem sogenannten Share Deal Anteile an dem jeweils geplanten Windpark erworben werden können.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist hierbei, dass die Kirchengemeinde sich bereits bei Inbetriebnahme des Windparks die Pachtzahlungen für die Gesamtlaufzeit des Vertrages im Voraus abgezinst auszahlen lässt. Diese Einmalzahlung bei Inbetriebnahme könnte durchaus als Eigenkapitalanteil zum Erwerb einer eigenen Windkraftanlage geeignet sein.

Zum besseren Verständnis einige Eckdaten:

Beim Abschluss von Gestattungsverträgen, wie sie heute von den Investoren angeboten werden, betragen die garantierten Entschädigungszahlungen durchschnittlich 35.000 € für die ersten zehn Betriebsjahre und ab dem elften Betriebsjahr 45.000 €. Abweichungen sind je nach Standort möglich. Diese Zahlungen werden in den Verträgen für den Fall der Errichtung einer Windkraftanlage auf Kirchenland geschuldet.

Die konkrete Höhe hängt vom Anlagentyp und weiteren Faktoren ab. Die Verträge haben in der Regel eine Mindestlaufzeit von 20 Jahren, teilweise auch von 25 Jahren. Wegen des zu erwartenden Repowerings, das heißt der Modernisierung von veralteten Anlagen, werden auch Verlängerungsoptionen von bis zu zwei mal fünf Jahren vereinbart.

Im Rahmen der Finanzierung des Gesamtprojektes ist es für einen Investor durchaus vertretbar, anstelle der jährlichen Pachtzahlungen eine Einmalzahlung bei Inbetriebnahme zu leisten. So können sich, wie im oben genannten Beispiel, bei einer Vertragslaufzeit von 25 Jahren garantierte Pachtzahlungen von insgesamt 1.000.000 € pro Windkraftanlage ergeben. Wird dieser Betrag abgezinst vorausgezahlt, ergibt sich ein beträchtlicher Eigenkapitalanteil für den Erwerb einer eigenen Windkraftanlage.

Je nach Dauer der Finanzierung und dem zugrunde liegenden Zinssatz, ergeben sich dabei sehr interessante Renditen, die je nach Fallkonstellation die sonst üblichen Pachtzahlungen bei Weitem übersteigen und mitunter zu einer Verdoppelung der Einnahmen führen können.
Freilich stellt sich die Frage, ob eine Kirchengemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechtes die Beteiligung an einem gewinnorientierten Unternehmen – in diesem Fall einer Gesellschaft zum Betrieb einer Windkraftanlage – überhaupt anstrebt.

Diese Frage ist meines Erachtens jedoch deshalb mit Ja zu beantworten, weil die kirchlichen Vermögensverwaltungen auch sonst Gelder in Aktien oder Fonds investieren und damit letztlich wirtschaftlich gewinnorientiert am Markt teilnehmen.

Die Einzelfragen im Kontext dieser Thematik sind naturgemäß sehr komplex und würden den Rahmen dieses Artikels sprengen. Ich zeige die Möglichkeit eines solchen Investments auf, um darauf aufmerksam zu machen, dass Kirchengemeinden grundsätzlich Gelegenheit hätten, ihre Einnahmesituation auf diesem Wege deutlich zu verbessern.